Die Stadtwerke verfolgen seit Jahren eine IT-Strategie und begegnen dem digitalen Wandel
Von Maik Landwehr
Die Zahl der Mitarbeiter bei den Stadtwerken steigt – und damit auch die Arbeit für die Abteilung Digitaler Service. Hinzu kommen immer neue Themen und Herausforderungen in der IT. Das Schlagwort hierzu lautet: digitale Transformation. Damit ist ein fortlaufender, tiefgreifender Veränderungsprozess in Wirtschaft und Gesellschaft gemeint, der durch die Entstehung immer leistungsfähigerer digitaler Techniken und Technologien ausgelöst wird. Wie unsere Abteilung diesen Anforderungen gerecht wird und für was aktuell eine Million Euro im Jahr ausgegeben wird, das erläutert der nachstehende Beitrag.
Warum braucht es eine digitale Transformation bei den Stadtwerken?
Unsere IT muss immer mehr Themen abdecken. Denn über die Jahre hat sich die Angebotspalette der Stadtwerke Rüsselsheim sehr weiterentwickelt. Heute engagieren wir uns im öffentlichen Nahverkehr und – mit vielfältigen Leistungen – in der Wasser-, Gas- und Stromversorgung, in der Telekommunikation und mit Energiedienstleistungen. Auch die Kommunikation an sich hat sich deutlich gewandelt – immer stärker hin zum digitalen Austausch. Dazu kommt, dass wir eine Vielzahl an gesetzlichen Vorgaben, zum Beispiel in der IT-Sicherheit, erfüllen müssen. Damit muss die IT als Treiber unseres Geschäftsmodells mithalten. Wir müssen mehr automatisieren, sonst ist das alles gar nicht zu schaffen.
Welche Rolle spielt das Wachstum der Stadtwerke?
Weil wir immer weitergewachsen sind und für uns heute 230 Menschen arbeiten, sind im Unternehmen nicht mehr nur 30 PCs im Einsatz, sondern 180. Dazu kommen 74 virtuelle Server, die sich wiederum wenige, zentrale Server teilen. Wir haben also weit mehr als 200 Systeme, die von der IT-Abteilung betreut werden. Bei dieser Fülle kann man nicht jedes Mal vor Ort am Arbeitsplatz erscheinen, um beispielsweise Software zu installieren oder andere technische Kleinigkeiten zu erledigen.
Was folgt daraus?
All diese Erkenntnisse brachten uns 2020 dazu, eine IT-Strategie zu entwickeln. Diese basiert auf rund 30 zweistündigen Interviews mit Mitarbeitern, die wir gefragt haben, welche Probleme, Anforderungen und Wünsche rund um IT sie haben. Dabei handelte es um solche Mitarbeiter, die in besonderem Maße mit IT zu tun haben. Sie sind Wissensträger in ihrem Bereich. Wir haben uns überlegt, wie wir diesen Bedürfnissen gerecht werden können, ohne einen übermäßig teuren technischen Aufwand zu betreiben. Und zwei Jahre später können wir sagen, dass eine Vielzahl dieser Bedürfnisse mittlerweile erfolgreich bedient wird.
Hatte dieser Prozess auch personelle Auswirkungen?
Unsere Abteilung wurde inklusive des Bereichsleiters auf jetzt 14 Mitarbeiter seit der neuen IT-Strategie 2020 mehr als verdoppelt. Wir haben die Organisation in der IT-Abteilung so angepasst, dass es außer dem Bereichsleiter keine Hierarchien mehr gibt. Jeder einzelne Mitarbeiter hat sein Hoheitsgebiet mit den entsprechenden Aufgaben.
Was sind die strukturellen Konsequenzen?
Auch die Themen sind deutlich gewachsen. IT-Sicherheit etwa, früher eher nebenbei behandelt, ist vor eineinhalb Jahren dazugekommen. Neu aufgenommen haben wir das Thema Prozessentwicklung. Und mit der Datenqualität steht das nächste Vorhaben in den Startlöchern.
Auch das Zusammenspiel von Fachbereich und IT haben wir uns nochmal ausgiebig angeschaut. Denn wenn IT-Fachleute von Begriffen wie Digitalisierung oder Server sprechen, verstehen sie möglicherweise etwas ganz Anderes darunter als Otto Normalanwender.
Welche Philosophie steckt dahinter?
Die Philosophie dahinter ist so zu sagen das Idealziel „IT kommt aus der Steckdose“. Wir als IT-Fachleute können nicht davon ausgehen, dass der gewöhnliche Nutzer ein Computerfreak ist – sondern die Erwartungshaltung eines funktionierenden PCs hat, wenn das Gerät angeschaltet wird.
Was bedeutet das in der Praxis?
Wir als IT-Abteilung wollen auch nicht mehr, wie das früher war, jeden einzelnen PC in stundenlanger Arbeit einrichten müssen. Wir haben einen Standard-PC mit der erforderlichen Geräteleistung und Software-Ausstattung definiert, so dass wir gleich mehrere Arbeitsplätze auf einmal mit neuen PCs ausstatten können: Die Computer müssen nur aufgestellt, eingestöpselt und angeschaltet werden. Und die Geräte werden dann automatisiert eingerichtet. Lediglich Spezialsoftware, die bei wenigen Arbeitsplätzen notwendig ist, muss bei einzelnen PC aufgespielt werden.
So können wir, falls mal ein PC ausfällt, schnell einen neuen Rechner bereitstellen. Solche Ausfallsicherheit ist für das Unternehmen außerordentlich wichtig.
Wie viel haben sich die Stadtwerke das alles kosten lassen?
In den vergangenen beiden Jahren haben wir massiv in unsere IT investiert. Allein im Jahr 2021 mehr als eine Million Euro, um unter anderem neue Tools, neue Hard- und Software anzuschaffen. Für das laufende Jahr 2022 haben wir Investitionen in ähnlicher Größenordnung geplant. Dabei geht es stets um die Ablösung von alten „Bastellösungen“ und Einführung von Standards, die die Arbeit der Mitarbeiter optimal unterstützen.
Was steht bei der digitalen Transformation jetzt an?
Nach wie vor haben wir noch Nachholbedarf, weil wir bisher in der Vergangenheit an vielen Stellen nicht in die digitale Entwicklung investieren konnten. Man sieht es unter anderem daran, dass wir über 150 Softwaretools im Einsatz haben. Dazu gehören Programme wie Word oder Outlook, aber auch größere Systeme wie Netzanalysetools. Diese viel zu üppige Toolvielfalt zu verschlanken, um eine bessere Effektivität von Arbeitsabläufen zu schaffen, ist aktuell eine unserer Herausforderungen.