Die neue Welt der Energiezähler – Teil 1
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In diesem Beitrag wird erläutert, was es mit dem „Smart Meter“ auf sich hat. Hinter dem Schlagwort verbirgt sich ein System von modernen Energiezählern vor allem für Strom (aber auch für Gas, Wasser und Wärme). Es wird erläutert, warum die Einführung erfolgt und welche Vorteile damit verbunden sind. Im zweiten Teil wird es um die Umsetzung, die Kosten und die Verantwortlichkeiten gehen.
Was ist ein Smart Meter?
Vereinfacht handelt es sich dabei um einen elektronischen Zähler mit einer Option zur Datenübertragung. Damit gibt es die Möglichkeit, Zählerstände in kurzen Abständen (von monatlich bis 15-minütig) zu übertragen und neben der Energie auch die Leistung (den aktuellen Verbrauch) anzuzeigen.
Der Gesetzgeber hat in seinem „Messstellenbetriebsgesetz“ folgende Begriffe definiert: Die „Moderne Messeinrichtung“ ist ein elektronischer Zähler mit Möglichkeit zum Anschluss an das Smart-Meter-Gateway. Das „Smart-Meter-Gateway“ ist eine Kommunikationseinheit mit Datenspeicher zur Erfassung, Verarbeitung und Versendung von Daten. Das „Intelligentes Messsystem“ ist die Kombination aus moderner Messeinrichtung plus Smart-Meter-Gateway. In diesem Sinne ist das, was verkürzt als Smart Meter bezeichnet wird, amtlich gesehen ein „intelligente Messsystem“.
Warum werden Smart Meter eingeführt?
Die Energieversorgung in Deutschland wird umgebaut hin zu mehr erneuerbaren Energien. Bei der Stromversorgung führt das zu erheblichen Veränderungen weg von der zentralen Struktur der Vergangenheit hin zu dezentralen Strukturen in der Zukunft. Erzeugung findet fast überall statt und muss in das System integriert werden. Dazu gibt es viele Erzeuger mit wetterabhängiger Produktion. Das Verbrauchsverhalten wird sich zum Teil am Erzeugungsverhalten der erneuerbaren Energien anpassen. Kunden werden zunehmend selbst Strom erzeugen.
Warum will die Politik Smart Meter einführen?
Dass sich das gesamte System der Stromversorgung verändern wird, hat zu der Erkenntnis geführt, dass auch auf der Verbraucherseite Anpassungen notwendig sind. Gewünscht wird, dass Verbraucher ihr Abnahmeverhalten wenigstens zum Teil entsprechend der Erzeugung aus schwankenden („fluktuierenden“) Quellen wie Wind und Sonne anpassen.
Als beste Lösung hierfür werden veränderliche Preise betrachtet. Viel Strom aus erneuerbaren Energien sollte zu niedrigen Preisen führen. Mit der herkömmlichen Zählmethode ist das nicht realisierbar. Derzeit wird einmal pro Jahr der Zähler abgelesen, und der Kunde hat nur einen oder maximal zwei verschiedene Preise im gesamten Jahr. Dazu kommt, dass auch die Stabilität der Stromversorgung wesentlich stärker beobachtet werden muss. Auch dazu sollen Messgeräte, die in kurzen Abständen den Stromverbrauch übermitteln, herangezogen werden.
Schließlich wird von besseren Informationen über den Energieverbrauch eine bessere Energieeffizienz erwartet: Der Stromverbrauch soll sinken. Das alles führte die Bundesregierung zur Einführung der Smart Meter. Im europäischen Vergleich gehört Deutschland allerdings eher zu den Nachzüglern. Schweden, Italien, Dänemark, Finnland und Slowenien sind erheblich weiter und haben solche Systeme zum Teil seit Jahren im Einsatz. Großbritannien und Frankreich sind kurz vor der flächendeckenden Einführung.
Welche Einsparmöglichkeiten gibt es durch Smart Meter?
Die Bundesregierung hat in einer Kosten-Nutzen-Untersuchung klären lassen, welche Einsparmöglichkeiten für Endkunden durch die verbesserten Informationen bestehen. Die ermittelten Beträge werden als Durchschnittswerte angesehen, die bei 50 Prozent des Möglichen liegen. Auszüge aus dieser Untersuchung finden sich in der Gesetzesbegründung, einige der Werte können Sie hier lesen:
Welche Vorteile hat der Kunde vom Smart Meter?
Vom Start weg hat der Kunde die Möglichkeit, seinen Energieverbrauch in einer zeitlichen Periode (Tag, Woche, Monat, Jahr) zu erkennen, ohne zusätzliche Aufzeichnungen zu machen. Er kann Einsparmöglichkeiten finden und die Erfolge kontrollieren.
Beim elektronischen Zähler muss das etwas mühsam am Gerät im Keller vorgenommen werden, das die entsprechenden Werte speichert und nach Aufforderung anzeigt. Wesentlich komfortabler und fast beliebig verfeinerbar sind die Möglichkeiten beim Smart Meter. Die Daten können vom heimischen PC oder Tablet geprüft und visualisiert werden. Vergleiche mit früheren Perioden sind sehr einfach und übersichtlich erstellbar. Die Stadtwerke Rüsselsheim bieten ihren Pilotkunden den Zugang zu einem hoch entwickelten Energiecontrollingsystem, mit dem aussagekräftige Auswertungen erstellt und automatisch per Mail verschickt werden können. Hier eine Beispielauswertung:
Erste Produkte der Stadtwerke Rüsselsheim sind Stromtarife mit einer monatlichen Rechnung. Was in der Telekommunikation seit Jahren Standard ist, kann in der Energieversorgung erst durch die Fernübertragung der Zählerdaten umgesetzt werden. Für die Zukunft werden variable Tarife erwartet, bei denen der Strompreis zum Beispiel von der Witterung abhängt. Das setzt jedoch voraus, dass der Kunde auch Informationen über den aktuellen Preis erhält, zum Beispiel durch eine Preisampel, die ihm über die Farben Grün, Gelb und Rot signalisiert, wie günstig oder ungünstig der Preis aktuell ist.
Smart Meter – Warum und für wen? Teil 1
Smart Meter – Warum und für wen? Teil 2
Sehr geehrter Herr Scheerer, bei all Ihrer Begeisterung für Smartmeter dürfen Sie eines nicht vergessen, Smartmeter sind kleine vernetzte Computer. Und wie wir alle wissen, sind Computer immer gefährdet durch Hackerangriffe. Lesen Sie mal das Buch Blackout von Mark Elsberg. Hier sind Smartmeter der Auslöser für den Zusammenbruch des europäischen Stromnetzes. Sie werden jetzt argumentieren, dass Smartmeter sicher sind, so sicher wie Atomkraftwerke? Die Vorteile der Smartmeter erscheinen mir so sinnlos wie manche Handyapps. Ich erkenne also, dass ich zwischen 19:00 und 21:00 für meine Wohnzimmerbeleuchtung einen höheren Preis zahle als nach Mitternacht. Bringt mir das was? Nach Mitternacht liege ich im Bett. Da ist mir der Preis egal.
Und noch eines: nach Cookies, die mein Surfverhalten aufzeichnen, Fernseher, die mein Wohnzimmer überwachen, eine Regierung, die meine Telefonate speichert jetzt noch einen weiteren Schnüffler in der Wohnung, der meinen Stromverbrauch (nur den) weitergibt?
Schöne Neue Welt Herr Scheerer, nein danke.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Dieter Hehn
Sehr geehrter Herr Hehn,
Vielen Dank für Ihren Beitrag unter Nennung ihres Namens. Hier versteckt sich jemand nicht hinter kryptischen Mailadressen. Das Buch von Elsberg habe ich schon längst gelesen und es ist sehr spannend. Die Einführung von Smart Metern ist für die Netzbetreiber nicht nur eine Pflichtaufgabe, aktuelle sehe ich auch keine Gefahren für das Stromnetz, denn die Geräte können – anders als im Szenario von Elsberg – nicht schalten, sondern nur messen. Hinsichtlich der Verwendung der Daten ihres Stromverbrauchs enthält das Messstellenbetriebsgesetz (https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/messbg/gesamt.pdf) in den § 55-70 eine genaue Beschreibung der zulässigen Datennutzung. Sie werden bei der Lektüre feststellen, dass hier sehr sehr enge Grenzen gesteckt wurden.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Scheerer
P.S.: Sie werden von mir nie hören, dass etwas sicher ist wie ein AKW. Ich bin seit fast 40 Jahren AKW-Gegner, aber das ist ein anderes Thema.
Sehr geehrter Herr Scheerer,
ich wohne im Wonnegau, habe seit 2010 eine PV-Anlage mit 9.5kWp und einen eigenen Zähler.
Bin vom Netzbetreiber vergangene Woche angeschrieben worden bis Ende 2016 einen Messstellenbetreiber zu benennen, lt. Messstellenbetriebsgesetz.
Es ist schwierig diese zum aktuellen Zeitpunkt zu vergleichen, weil der hiesige Netzanbieter für Messstellenbetrieb, Messdienstleistung und Abrechnung zwar €-Beträge nennen kann, nicht jedoch für die anderen anfallenden Kosten (z.B. Smart-Meter).
Wie soll ich etwas vergleichen wenn die tatsachlichen Kosten nicht bekannt sind, oder muss ich von den Maximalbeträgen ausgehen.
Sind Drittanbieter aus ihrer Sicht eine Alternative?
Wie ist ihre Meinung zu dem Thema?
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr Klarer,
das Messstellenbetriebsgesetz ist erst seit kurzem in Kraft und die Mechanismen haben sich noch nicht eingespielt. Alle Unternehmen, die als de-facto-Messstellenbetreiber („grundzuständiger MSB“) auftreten wollen, müssen bis Ende des Jahres ihre Preise veröffentlichen. Die Preise dürfen nicht höher sein als die Preisobergrenzen, die im Beitrag genannt wurden. Die Leistungen, die sie dafür erwarten dürfen sind in §35 des MSBG (https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/messbg/gesamt.pdf) geregelt. Weitere Kosten sollten nicht anfallen, sofern sie nicht Zusatzleistungen in Anspruch nehmen.
Die von Ihnen genannten Beträge für Messstellenbetrieb, Messdienstleistung und Abrechnung sind vermutlich die Preise für „alte“ Messstellen. Für Smart Meter gibt es keine separaten Preise für Messdienstleistung.
Auch der Markt für Messstellenbetreiber (MSB) ist aktuell im Umbruch, denn auch diese müssen zukünftig eine (teure) Technik nach den gesetzlichen Anforderungen betreiben. Die freie Wahl des MSB wird eingeschränkt durch §36, MSBG wonach alte Technik abgelöst werden muss, jedoch gibt es noch eine Übergangsregelung, die bis vermutlich 3. Quartal 2017 laufen wird. Wenn die alte Technik vorher eingebaut wird, darf sie einige Jahre verbleiben.
Beim Vergleich der Preise mit freien MSB sollten sie auf die Nebenbedingungen achten: Wird verlangt, dass Sie ihren Internetanschluss zur Verfügung stellen? Geht das ohne Umstände und ohne Verbindung zu Ihrem Heimnetz? Der grundzuständige MSB wird eine eigene TK-Verbindung aufbauen und ist nicht auf ihre Technik angewiesen. Wie lange ist die Laufzeit des Vertrages? Wollen Sie sich so lange binden? Die grundzuständigen MSB und deren Verträge unterliegen der Aufsicht der Bundesnetzagentur, die freien MSB sind hier auch „freier“.
Fazit: Aufgrund der sich erst entwickelnden Märkte können Sie jetzt noch schnell einen Vertrag für „alte Technik“ abschließen, wenn ihnen die Bedingungen passen. Wenn nicht sollten Sie den grundzuständigen MSB arbeiten lassen, er ist staatlich sehr stark reglementiert, so dass Sie als Verbraucher keine unangemessene Benachteiligung befürchten müssen.
Sehr geehrter Herr Scheerer,
Sie haben hier zuletzt 2016 geschrieben und meinten in einem Kommentar, Smartmeter würden nur zum Lesen und nicht zum Schalten verwendet werden. Nun sieht man mal, wo die Reise hin geht, weil wenn die technischen Voraussetzungen gegeben sind, wird anscheinend auch irgendwann davon Gebrauch gemacht.
Sie schrieben in einem Kommentar am 23. November 2016, Smartmeter würden nur zum Messen und nicht zum Schalten verwendet werden. Das ist nun nicht mehr der Fall.
Ich halte Smartmeter für eine Gefahr von Datenmissbrauch und der Totalüberwachung.
Bei mir wurde nun ein Smartmeter eingebaut, um damit aus der Ferne die Heizung bei Bedarf abzuschalten. Zukünftig sollen Smartmeter sämtliche Geräte im Haushalt überwachen, Einschaltzeiten an den Netzbetreiber übermitteln können und sich aus der Ferne bei Bedarf an- und abschalten lassen können. Das Wohnverhalten wird ausspioniert, wann jemand zu Hause ist und elektrische Geräte betreibt. Sowas konnte sonst nur die Polizei. In einer Studie wurde aufgedeckt, dass mit Smartmetern anhand Stromschwankungen feststellt werden kann, welcher Film auf einem Fernseher lief und Google hatte schon die Idee, für Smartmeter Daten kostenlosen Strom anzubieten. Zur Zeit für Stromkunden ab 6000 kw, ab 2032 für alle Stromkunden Pflicht.
Außerdem halte ich die Belastung der Abtastung des Haushaltsnetzes für eine Elektrosmogbelastung.
Ich bin auch ein Freund von Umweltschutz, Energiesparen und Optimierung. Nur irgendwann sollte, wenn fertig optimiert ist (Dämmung, sparsame Geräte…) , auch mal gut und fertig optimiert sein.
Wo soll es sonst hingehen? Immer weiter, in die Überwachung? Es muss Grenzen geben. Sie haben geschrieben, es wird nicht geschaltet und nun doch und als nächstes im Haushalt, im direktem Lebensraum.
Ich halte das alles für bedenklich und werde, sobald das 2. Smartmeter in meinem Haushalt eingebaut werden soll, ablehnen, weil das aus meiner Sicht ein zu großer Eingriff in die Privatsphäre, möglicherweise eine gesundheitliche Belastung darstellt und Daten an den Netzbetreiber gehen, die da nichts verloren haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hauke Mohr
Hallo Herr Mohr,
tatsächlich besteht ein Ziel der nun beabsichtigten beschleunigten Einführung der Smart-Meter-Gateways (Smartmeter) in der Möglichkeit Verbraucher und Erzeuger zu steuern. Aufgrund des damit verbundenen Aufwands wird sich diese Möglichkeit auf drosselbare Großverbraucher wie Wärmepumpen oder Wallboxen oder auf größere Erzeugungsanlagen beschränken. Möglicherweise kann ein Verbraucher auch weitere geeignete Großgeräte wie Wäschetrockner integrieren, das ist aber aufgrund des Aufwand/Nutzen-Verhältnisses energiewirtschaftlich wenig interessant.
Die von Ihnen geschilderten Bedenken zum Datenschutz sind aus unserer Sicht nicht realistisch. Das hat zum einen technische Gründe, zum anderen ist das in dem vorgeschriebenen Sicherheitsniveau verankert.
Die wichtigsten Anwendungsfälle (TAF = Tarifanwendungsfall) (s. https://www.durchblick-energiewende.de/wissen/energie/smart-meter-aktuelle-funktionsumfaenge-des-gateways) werden zunächst der TAF1 (Datensparsamer Tarif, Standardeinstellung) und TAF6 (Messwerte bei Bedarf) sein. Damit lassen sich keine Rückschlüsse auf Verhalten, Anwesenheit usw. ziehen. Definiert ist auch der TAF14 (hochfrequente Messwertbereitstellung) zur Visualisierung, den der Verbraucher aufgrund einer zusätzlichen Vereinbarung mit einem Dienstleister freischalten kann. Hier sind Datenübertragungen im Minutenabstand möglich. Damit können Handlungen des Verbrauchers (z. B. Einschaltung eines größeren Verbrauchers) detektiert werden. Das ist auch das Ziel: Der Verbraucher kann direkt die Auswirkungen seines Handelns erkennen. Die Erkennung des TV-Programms mit Minutenwerten ist ausgeschlossen.
Das Smartmeter gar zur Überwachung von Haushalten eingesetzt werden, ist aufgrund des hohen Sicherheitsniveaus ausgeschlossen. Hierzu gibt es eine ausführliche Darstellung des BSI.
(s. https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/Broschueren/Smart-Meter-Gateway.pdf?__blob=publicationFile&v=6). Das Beweisen auch die langjährigen Erfahrungen vieler anderer europäischer Länder mit ähnlichen Technologien.
Schließlich erlaube ich mir den Hinweis, dass die Energieversorgungsunternehmen einen Einbau entweder auf Wunsch des Kunden oder im Auftrag des Gesetzgebers vornehmen.
Hans-Peter Scheerer