Industrie 4.0 – was hat das mit den Stadtwerken zu tun?

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Von Karsten Jädtke

vernetzung„Industrie 4.0“ ist in aller Munde. Was ist darunter zu verstehen? Warum 4.0 und welche
Herausforderungen stehen dahinter? Dieser Beitrag gibt Hintergrundinformationen und stellt Herausforderungen dar, mit denen sich Staat, Unternehmen, die Energiebranche und die Stadtwerke Rüsselsheim werden beschäftigen müssen. Ziel ist, ein größeres Bewusstsein für die anstehenden Veränderungen zu schaffen. Bisherige Arbeits- und Lösungswege müssen überdacht werden.

Warum überhaupt Industrie 4.0? / PDF BMWi

Die erste industrielle Revolution Ende des 18. Jahrhunderts ist den meisten Menschen ein Begriff. Die Dampfmaschine und die damit einhergehende Mechanisierung der Arbeit ist das Symbol der beginnenden Industrialisierung von Produktion und Arbeit schlechthin. Beispiel für die Umsetzung dieser neuen Technologie war der mechanische Webstuhl => Mechanik.

Der nächste Schritt im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war die Elektrifizierung mit der Möglichkeit, arbeitsteilige Massenproduktion noch effizienter durchführen zu können. 1870 wurde das erste Fließband in den Schlachthöfen von Cincinnati in Betrieb genommen, noch bevor Henry Ford diese Technologie für die Automobilproduktion nutzte => Elektronik.

Das Symbol für die dritte industrielle Revolution ist der Computer. Durch die Möglichkeit, Programme zu schreiben und zu speichern konnten die Produktion und die Arbeit weiter automatisiert werden => Informatik.

Die nunmehr vierte industrielle Revolution ist dadurch gekennzeichnet, dass durch die zu-nehmende Digitalisierung und auch Miniaturisierung die verschiedenen Wertschöpfungsebenen oder Produkte miteinander kommunizieren und über das Internet gesteuert werden können (Stichwort: cyber-physische Systeme). Auf Grund der damit verbundenen hohen Daten-aufkommen ist der Begriff Big Data entstanden. Hierbei geht es um die systematische Klassifizierung, Ordnung und Auswertung der erhaltenen Daten, um daraus Trends für das eigene Unternehmen ableiten zu können (zum Beispiel im Hinblick auf Produkte, Käufergruppen) => Vernetzung.

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Hamburger Hafen

  • Ein Beispiel für eine Anwendung ist der Hamburger Hafen. Durch ein IT-gestütztes Verkehrsmanagement will man Lkw-Fahrern Echtzeit-Informationen zu Frachtaufträgen und zur Verkehrslage bereitstellen. Dadurch sollen Staus im Hafen und auf den Zufahrtswegen sowie Wartezeiten minimiert und der Warenfluss optimiert werden (Computerwoche). Über diese optimierte Kommunikation zwischen Containerhafen und LKW-Transportern wird das bearbeitbare Frachtaufkommen erhöht, ohne das hierfür mehr Fläche bereitgestellt werden muss.
  • Ein Beispiel aus der Energiebranche ist das „smarte“ Haus, das durch die Vernetzung verschiedener Endgeräte (Heizung, Rollladen, Türen) mit Messgeräten und der Steuerbarkeit über das Internet z.B. energieeinsparend wirken oder die Sicherheit erhöhen soll.

Was bedeutet Industrie 4.0 für den Staat? / PDF BMAS

Für den Staat und seine verantwortlichen Institutionen stellen sich viele Fragen, die beantwortet werden müssen. Die Auflösung von privatem und öffentlichem Bereich durch das Internet zwingt zu Antworten zum Beispiel in Bezug auf Transparenz, Sicherheit, Überwachung und Datenschutz. Wer stellt die Regeln auf, die zukünftig Serverübergreifend (und damit gegebenenfalls Länderübergreifend) gelten sollen (Stichwort Internetkriminalität)? Wie kann der gegenwärtig hohe Beschäftigungsstand gesichert werden? Greifen die Grundbegriffe des Arbeitsrechts (wie zum Beispiel der Arbeitnehmer- oder der Betriebsbegriff) auch in der digitalen Arbeitswelt? Welche Herausforderungen stellen sich für die Mitbestimmung als wichtige Institution der demokratische Teilhabe und des Interessenausgleichs in der veränderten Arbeitswelt?

An Hand dieser kleinen Auswahl an Fragen wird schon deutlich, mit welchen komplexen Themen sich Politik und Gesellschaft jetzt und zukünftig befassen.

Was bedeutet Industrie 4.0 für die Unternehmen und speziell die Energiebranche?

Für Unternehmen stellen sich nicht weniger vielschichtige Fragen mit dem Unterschied, dass das eigene finanzielle Überleben und die Selbständigkeit von der Beantwortung abhängen. Es gibt durchaus die Ansicht, dass Unternehmen nicht überleben werden, „weil gut nicht gut genug ist“. Die Vergleichbarkeit von Unternehmen und ihren Produkten über das Internet und die mittlerweile fast vernachlässigbaren Transportkosten machen Unternehmen zu einem ernstzunehmenden Wettbewerber, die man bisher nicht auf der Rechnung hatte.

digital_geht_nicht_mehr_weg

Die Liberalisierung der Energiebranche hat bewirkt, dass nicht mehr nur Stadtwerke Anbieter von Strom und Gas sind. Die notwendige digitale Infrastruktur für Beschaffung und Verkauf an Endkunden ist kein Markteintrittshemmnis mehr. So können auch kleinere Anbieter und auch branchenfremde Unternehmen in den Markt eintreten (1&1 Energy GmbH; ZfK).

Über das Internet wird der Einfluss von Kunden unmittelbarer, weil die Rückkoppelungen viel schneller und direkter erfolgen. Auch wird die Online-Nutzung zur Abwicklung von Geschäf-ten weiter zunehmen, wie man am Beispiel der Deutschen Bank erkennen kann. Diese will im Laufe des Jahres 2017 insgesamt 188 Filialen schließen: „(…) immer mehr Kunden On-linebanking nutzen und rund 50 Prozent der Kunden nur noch einmal jährlich in die Filiale kommen.“ (Spiegel-Online) Darüber hinaus gilt, wer in den Kundenbewertungen der Portale schlecht abschneidet hat weniger Chancen. Die Reaktionsgeschwindigkeit von Unternehmen auf veränderte Kundenbedürfnisse wird sich erhöhen. Um zu verstehen, was der Kunde will, wird „Big Data“, die Erfassung und Verarbeitung großer Datenmengen, etwa zur Prozessoptimierung oder Kundenanalyse, bedeutsam. Aus diesen Informationen die richtigen Schlüsse zu ziehen ist eine Herausforderung. Hierfür Bedarf es, neben der entsprechenden Infrastruktur zusätz-licher Kompetenzen und Fähigkeiten bei den Mitarbeitern in den Unternehmen, meint auch B. Neubauer von der Haufe Akademie (Whitepaper: Digitale Transformation).

Die Einführung und Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologie wird ebenfalls in den kommenden Jahren verstärkt in der Energie- und Wasserversorgung stattfinden (BMWi). Als Anwendungsbeispiele in der Energie- und Wasserversorgung nennt B. Broda (Mainova AG) sowohl digitale Kundenschnittstellen, virtuelle Kraftwerke als auch ein gezieltes Kundenmanagement bis hin zur Automatisierung von Netzanschluss- oder Abrechnungsprozessen. Als verbindendes Element dieser Einsatzbereiche sieht er die Vernetzung von Anwendungen, Geschäftsprozessen sowie von Geräten unter Anwendung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (z.B. auch Cloudlösungen).

Was bedeutet Industrie 4.0 für die Stadtwerke Rüsselsheim und ihre Führungskräfte und Mitarbeiter?

Die Stadtwerke Rüsselsheim sind nicht isoliert von der Außenwelt. Die Digitalisierung verändert Geschäftsmodelle, die Vertriebswege und damit verbunden die zu erzielenden Erträge. Wie „Industrie 4.0“ für das eigene Unternehmen proaktiv gestaltet werden kann und wie die Führungskräfte und Mitarbeiter sich dieser Herausforderung stellen, wird den Unterschied ausmachen zwischen sehr guten und guten Unternehmen und solchen die keine Chance haben.

Den zunehmenden Wettbewerb spüren die Stadtwerke Rüsselsheim schon seit einiger Zeit. Sie versuchen dem zunehmenden Wettbewerbsdruck entgegenzutreten, in dem sie das Augenmerk lenken auf:

1. Höhere Transparenz

  • Womit verdienen wir unser Geld?
  • Wie ist unsere Zielerfüllung?

2. Prozesseffizienz

  • Denken in Prozessen
  • Weiterentwickeln der Prozesse
  • Dokumentieren der Prozesse

3. Ergebnisorientierung

  • Rolle und Verantwortung
  • Handeln messbar machen
  • Prozesse und Strukturen

Höhere Transparenz ist nicht nur mit Blick auf die Gegenwart, sondern auch auf die Zukunft gemeint: Es geht um Innovationen, zum Beispiel beim Thema Smart Meter, und neue Ge-schäftsmodelle und Produkte (Kombiprodukte). Darüber hinaus ist zu identifizieren und genau zu prüfen, welche Tätigkeiten nicht wirtschaftlich sind. Diese sind dann auch zu unterlassen. Was macht Sinn und was hat Zukunft? Hier sind die Themen Outsourcing und Insourcing angesiedelt.

Damit verbunden ist das zweite Thema „Prozesseffizienz“. Je besser die eigenen Prozesse im Hinblick auf Effektivität und Effizienz laufen, desto besser werden Kundenanforderungen erfüllt und desto fokussierter können sich die Stadtwerke mit den wirklich wichtigen (und er-tragreichen) Fragestellungen befassen. Hier geht es auch um die Themen Massengeschäft, Standardisierung und der Abkehr von der teureren, unwirtschaftlichen Einzelfalllösung.

Ergebnisorientierung als drittes Thema ist eine Zusammenführung der genannten Punkte ergänzt um das Thema Rolle und Verantwortung. Hierzu gehören klare Zielsetzungen und regelmäßige Überprüfung des Status (Mitarbeiterdialog). Ebenfalls muss beobachtet werden, was andere Stadtwerke machen und was sich die Stadtwerke Rüsselsheim dort abschauen kann. Wo sind sinnvolle Kooperationen möglich?
Hinter diesen drei Themen stehen übergeordnete Themen und Fragen:

• veränderte Formen der Zusammenarbeit, z.B.

  • der Führungsebenen
  • bereichsübergreifende Verantwortlichkeiten entlang eines Prozesses
  • gute Verzahnung der Bereichs-, Abteilungs- und Gruppenziele
  • gemeinsame Reflexion über Prozesse, wirtschaftliche Auswirkungen und kontinuierliche Verbesserungen

• Delegation von Aufgabe, Verantwortung und Weg der Zielerreichung bei klarer Zielerwartung
• generell verbesserte Datenbankkenntnisse (Big Data im Kleinen: Wie werden Daten erfasst/kategorisiert, abgelegt und wie kann man sie individuell auswerten.

Fazit: Es ist unverkennbar, dass Umfeld in der Energiebranche hat sich unter anderem in Bezug auf Konkurrenz, Preise und dem Wettbewerb um Kunden verändert und verschärft. Dieser Trend wird noch weiter anhalten und durch die Digitalisierung intensiviert. Um in diesem Umfeld gestaltungsfähig und konkurrenzfähig zu sein und um Arbeitsplätze zu sichern, werden sich die Stadtwerke diesen Gegebenheiten anpassen müssen. Themen sind unter anderem: In welchen Geschäftsfeldern engagieren sich die Stadtwerke zukünftig und wie gestalten sie eine effektive und effiziente Zusammenarbeit. Hier sind Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen gefragt. Die Stadtwerke sind nicht mehr alleine auf der (Energie)Welt. Auch nicht in Rüsselsheim.

Ergänzende Berichte:


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