Wie hole ich Energie aus der Erde? Teil 2

Hans-Peter_Scheerer_100Erdwärmesonden Teil:
Der Weg zur Genehmigung

Von Hans-Peter Scheerer

Erfahrungsbericht: Genehmigung von Erdwärmesonden

Im ersten Teil dieser Reihe hatte ich über die Dimensionierung von Erdwärmesonden berichtet. In diesem Teil geht es um die Genehmigungspraxis. Der Betrieb einer Erdwärmesonde ist eine Benutzung des Grundwassers, die grundsätzlich erlaubnispflichtig ist. Die hessische Praxis geht auf Empfehlungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) zurück.  Für Erdwärmesonden bis zu einer Leistung von 30 kW gelten vereinfachte Vorschriften über die hier berichtet wird.

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Erdwärmesonde – Vollwandrohr

Welche Vorschriften gelten?

Die Vorschriften für den Bau und den Betrieb von Erdwärmesonden wurden in den letzten Jahren verschärft.  Ein Erlass  von 2014 zeigt den Rahmen auf. Lokal gibt es große Unterschiede, die aus der Geologie und der Lage von Wasserwerken resultieren. Unterschieden wird in günstige Gebiete, ungünstige Gebiete und Verbotszonen. Beispielsweise ist  die Nutzung der Erdwärme in der Schutzzone III/IIIA eines Trinkwasserschutzgebietes nicht mehr zulässig. In Rüsselsheim sind das große Teile des Stadtgebietes im Umkreis des Wasserwerks Hof Schönau. Lediglich nördlich der Bahn befinden sich so genannte hydrogeologisch und wasserwirtschaftlich günstige Gebiete, weshalb die Geothermie für uns einfach umsetzbar war. Auch Raunheim, Trebur und die Mainspitze sind günstige Standorte für Erdwärmenutzung.

In wasserwirtschaftlich ungünstigen Gebieten ist die Nutzung von Erdwärme nicht verboten, aber es sind für die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis zusätzliche Unterlagen erforderlich, insbesondere ein Gutachten des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie oder eines geeigneten Hydrogeologen. Durch die Untersuchungen sollen die Risiken vermindert werden, die unten näher beschrieben werden. Der dafür notwendige Aufwand führt häufig dazu, dass in ungünstigen Gebieten keine Erdwärmesonden hergestellt werden.

Für einen Teil des Landkreis Groß-Gerau zeigt die Karte, in welchen Gebieten die Nutzung günstig, ungünstig oder unzulässig ist. Weitere Gebiete der Stadt Rüsselsheim (zum Beispiel Horlache und Königstädten) oder der Nachbarorte Nauheim und Mörfelden-Walldorf gelten als wasserwirtschaftlich ungünstig. Zahlreiche Karten für Hessen sind beim Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie erhältlich.

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Verbotsgebiete sind rot gefärbt, wasserwirtschaftlich ungünstige gelb und geeignete Flächen grün.

Weitere Vorschriften gibt es für die Bohrunternehmen, die eine Eignung nach der Vorschrift DVGW W120-2 nachweisen müssen, und für die eingesetzten Wärmeträgermedien hinsichtlich der Wassergefährdung.

Die genannten Punkte gelten nur für Erdwärmesonden (senkrecht), nicht für Erdwärmekollektoren (waagrecht), bei denen die Kollektoren mindestens ein Meter über dem höchsten Grundwasserstand liegen. Andere Anforderungen gelten auch für Anlagen, bei denen Grundwasser entnommen und nach Wärmeentzug wieder versickert wird.

Wie läuft der Genehmigungsprozess?

Für die Beantragung gibt es Formulare, die zum Beispiel bei der Abteilung Wasser-und Bodenschutz der Landratsämter (Untere Wasserbehörde) erhältlich sind. Qualifizierte Bohrunternehmen erstellen die Antragsunterlagen, so dass die Bauherrschaft nur noch unterschreiben muss. Die Genehmigung sollte vier bis sechs Wochen vor dem Bohrbeginn gestellt werden.

In unserem Fall lief die Beantragung beim Landratsamt in Groß-Gerau vorbildlich schnell. Die Erstprüfung war in wenigen Tagen abgeschlossen. Ein Problem stellte dar, dass die Wärmepumpe und die Erdsonden nicht auf demselben Flurstück liegen. Wir konnten jedoch nachweisen, dass beide Flurstücke im Grundbuch gemeinsam eingetragen sind (so genanntes Buchgrundstück). Nach Zusendung des überarbeiteten Antrags mit ergänzenden Unterlagen (zum Beispiel Grundbuchauszug) lag die Genehmigung (genauer: wasserrechtliche Erlaubnis) wiederum in weniger als einer Woche vor.

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Welche Unterlagen werden benötigt?

Außer dem Antrag werden Flurkarte, Lagepläne mit der genauen Vermaßung der Bohrungen, das Zertifikat des Bohrunternehmens und eine Herstellerbescheinigung zum Wärmeträgermedium benötigt, gegebenenfalls wie oben erwähnt ein Grundbuchauszug. Die technischen Unterlagen stellt das Bohrunternehmen bei, über eine Flurkarte und einen Grundbuchauszug sollten die meisten Hauseigentümer verfügen, so dass der Aufwand für die Zusammenstellung ein bis zwei Stunden beträgt.

Wie sind die Risiken?

Tiefe Bohrungen können Schäden verursachen. Denkbar ist, dass Grundwasser verunreinigt wird, zum Beispiel durch die Vermischung von oberflächennahem Grundwasser (das häufiger verschmutzt ist) und tiefem Grundwasser (das für die Trinkwassergewinnung benutzt wird). Auch Schäden wie der Austritt von „gespanntem“ (unter Druck befindlichen) Grundwasser oder der Eintritt von Wasser in Gipsschichten, die sich dann ausdehnen und die Oberfläche anheben, sind möglich (wie zum Beispiel  in Staufen erfolgt.) Die öffentliche Wahrnehmung wird stark durch solche spektakulären Schadensfälle beeinflusst.

Statistisch gesehen sind Schäden an oder durch Erdsonden sehr selten.  Der Geologe Andreas Hagedorn fasst eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie zusammen, in der Schadensfälle in Baden-Württemberg untersucht wurden.  Zitat: „Die Ergebnisse lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass das Risiko eines Schadensfalles bei Erdwärmebohrungen bei 0,002 % der Anzahl aller Bohrungen eines Jahres  Jahr liegt. Zum Vergleich: das ist 10 x geringer als das Risiko eines schweren Reaktorunfalls weltweit.“ www.andreas-hagedorn.eu/2015/04/08/von-der-droh-geothermie-zur-froh-geothermie/

Dennoch lohnt es sich, über den Abschluss einer Bohrlochversicherung nachzudenken. Insbesondere wenn die Förderung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für Wärmepumpen auch auf die Erdsonden ausgedehnt werden soll, ist diese Versicherung notwendig. Die Kosten betragen einmalig circa 1,50 Euro pro Bohrmeter.

Warum der ganze Aufwand mit der Genehmigung?

Die Stadtwerke Rüsselsheim sind auch ein Wasserversorgungsunternehmen. Wir wissen, dass die hervorragende Qualität unseres Leitungswassers auf Dauer nur gewährleistet werden kann, wenn Verschmutzungen des Grundwassers vermieden werden. Deshalb sehen wir es als berechtigt an, wenn der Schutz des Grundwassers ein hohes Gewicht hat. Es handelt sich um eine Güterabwägung – Erneuerbare Energien hier und Grundwasserschutz dort – die nicht zu Lasten des Trinkwassers gehen darf. Bei ordentlicher Planung und mit Hilfe eines Fachunternehmers ist der Aufwand überschaubar und sollte nicht von der Nutzung der Erdwärme abhalten.

Was gibt es noch zu bedenken?

Über die betriebliche Praxis einer Erdsondenanlage werde ich in weiteren Beiträgen berichten, zum Beispiel über Wartungen, Kontrollen und mögliche Störungen.

Interessante Information bietet auch der Leitfaden für Erdwärmesondenanlagen zum Heizen und Kühlen des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie.


Teil 1: Erfahrungsbericht Erdwärmesonden: Warum die Wahrheit erst nach vielen Jahr sichtbar wird.
Teil 2: Erdwärmesonden: Der Weg zur Genehmigung
Teil 3: Erfahrungsbericht Betriebserfahrungen mit Erdwärmesonden


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