Wie die Wärme vom Wald in die Humboldt-Schule kommt

Heizen mit Holzhackschnitzeln schont  die Stadtkasse und die  Umwelt

Von Sven Halling

In Rüsselsheim gibt es einen Schulstandort, der anders als die anderen beheizt wird, nämlich mit Holz. Der folgende Beitrag schildert, wie es zu dieser Wärmeversorgung kam und welche Vorteile sie bietet.
Was war die Ausgangslage?

Im Jahr 2005 stand an der Alexander-von-Humboldt Schule (und der wärmetechnisch angeschlossenen Georg-Büchner-Schule und den dazu gehörigen Sporthallen) die Erneuerung der Heizanlage an. Die alten Gaskessel, Baujahr etwa 1970, waren sehr in die Jahre gekommen. Entsprechend waren sie marode, teilweise nicht mehr betriebsbereit und von dem heutigen Standard an Effizienzwerten weit entfernt.

Kesselanlage vor Sanierung, Bild: SWR

Kesselanlage vor Sanierung, Bild: SWR

Die räumlichen Gegebenheiten, wirtschaftliche Aspekte und der Wunsch, eine innovative sowie auch umweltschonende, möglichst CO2-neutrale Anlagentechnik einzusetzen, führten schnell zu einem Konzept, bei dem der Rohstoff Holz in Kombination mit einem kleinen Anteil an fossilem Gas als Brennstoff zum Einsatz kommen sollte.

Wie funktioniert Contracting?

Wir, die Stadtwerke Rüsselsheim, erarbeiteten ein Erzeugungskonzept und unterbreiteten dem Schulträger (Stadt Rüsselsheim) ein Angebot zur Wärmelieferung im Contracting (einer Art Leasing). Hierbei wird die Anlage durch den Contractor (also die Stadtwerke) geplant, errichtet und während der Vertragslaufzeit, üblicherweise 10 bis 15 Jahre, für den Contracting-Kunden gewartet, betrieben und instand gehalten. Hierfür wird ein Grund- und Wärmepreis abgerechnet, der alle oben genannten Leistungen sowie die Kosten für den eingesetzten Brennstoff beinhaltet.

Neuer Holzkessel, Bild: SWR | Neue Gaskessel, Bild: SWR

Neuer Holzkessel, Bild: SWR | Neue Gaskessel, Bild: SWR

Was wurde gebaut?

Außerhalb der Heizperiode im Sommer 2005 wurde dann die neue Technik unsererseits montiert. Die vier vierzig Jahre alten Heizkessel mit einer Leistung von je 1000 kW (in Summe 4000 kW) wurden durch einen Holzhackschnitzelkessel 800 kW, einen Brennwertkessel 285 kW und einen Niedertemperaturkessel 1400 kW (in Summe 2485 kW) ersetzt – die Leistung der Gesamtanlagentechnik dabei um circa 40 Prozent reduziert. Weiterhin kam eine moderne Steuerungs- und Fernüberwachungstechnik zum Einsatz. Die Reinigung der Abgase des bei der Holzverbrennung anfallenden Feinstaubes erfolgt durch einen nachgeschalteten Multizyklonfilter. So konnten alle gesetzlich vorgegeben Grenzwerte zur Luftreinhaltung eingehalten werden.

Wieviel Prozent der Jahreswärme?

Der von uns im Contracting betriebene Holzhackschnitzelkessel liefert circa 85 Prozent der 2300 MWh benötigten Jahreswärmemenge für den Schulverbund. Der Rest der Erzeugung erfolgt zu großen Teilen aus dem umweltfreundlicheren Gas-Brennwertkessel. Lediglich geringe Mengen werden in Spitzenzeiten oder während Revisionsarbeiten aus dem „großen“ Niedertemperaturkessel zur Verfügung gestellt.

Holzkessel Feuerungsraum, Bild: SWR | Holzkessel Regelung, Bild: SWR

Holzkessel Feuerungsraum, Bild: SWR | Holzkessel Regelung, Bild: SWR

Wie hoch ist der Wirkungsgrad?

Die aus nachwachsendem Rohstoff hergestellten Holzhackschnitzel gelten in der Verbrennung als klimaneutral, da nur soviel CO2 freigesetzt wird, wie der Baum im Laufe seines Wachstumes gebunden hat. Ein hoher Wirkungsgrad der modernen Holzfeuerungstechnik von bis zu 90% Prozent gewährleistet einen nachhaltigen und sparsamen Umgang mit dem Energieträger Holz.

Wo kommt das Hackgut her?

Geliefert und produziert wird das Hackgut von einem Forstbetrieb im regionalen Umfeld, der auch die Wartung und Reinigung der Contracting Anlage im Auftrag der Stadtwerke Rüsselsheim ausführt. Hergestellt werden diese zu großen Teilen aus ansonsten nicht nutzbaren Resthölzern. Aber auch kleinere Mengen Material aus der Baum- und Grünpflege werden verwertet.

Herstellung der Holzhackschnitzel, Bilder: SWR

Herstellung der Holzhackschnitzel, Bilder: SWR

Was passiert mit der Asche?

So können die Hackschnitzel ohne lange Transportwege direkt in die Schule geliefert werden. Diese werden dann in einem an das Schulgebäude angrenzendem Tiefsilo eingelagert. Von dort werden die Holzhackschnitzel mittels eines Förderbandes in den Kessel transportiert. Die im Silo eingebrachte Menge von 160 m3 erlaubt in Zeiten mit hoher Last einen Betrieb des Holzkessels von etwa vier Tagen – dann muss die Nachlieferung erfolgen. Die entstehende Asche wird, da nur naturbelassene und unbehandelte Hölzer verbrannt werden, wieder als Dünger in den Wald oder auf Feldern ausgebracht.

Anlieferung Holzhackschnitzel, Bild: SWR | Fördertechnik Hackschnitzel, Bild: SWR

Anlieferung Holzhackschnitzel, Bild: SWR | Fördertechnik Hackschnitzel, Bild: SWR

Wie sieht es mit den Kosten aus?

Insgesamt wurden circa 650.000 Euro in die neue Anlagentechnik investiert. Die Mehrkosten gegenüber einer konventionellen fossilen Gaskesselanlage lagen bei etwa 330.000 Euro, dagegen stehen Einsparungen von etwa 60.000 Euro pro Jahr durch den günstigeren Brennstoff. Daraus ergibt sich eine sehr gute Amortisationsdauer von gerade mal sechs Jahren. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer der Heizanlage von mindestens fünfzehn Jahren heißt dies, dass ab dem siebten Jahr entsprechend große Einsparungen erzielt werden.

Was hat die Umwelt davon?

Der CO2-Ausstoß konnte gegenüber der Altanlage um ungefähr 700 Tonnen pro Jahr reduziert werden.

Über die Laufzeit von elf Jahren konnten somit bisher fast 8000 Tonnen CO2 vermieden werden. Dies trägt ganz erheblich zum Erhalt unserer Umwelt bei.

Wie sieht mein Fazit aus?

Abschließend bleibt festzustellen, dass hier eine Lösung erarbeitet und umgesetzt wurde, die allen Interessen gerecht wurde. Betreiber, Nutzer und nicht zuletzt die Umwelt standen bei diesem Projekt im besonderen Fokus. Dabei ging es uns nicht darum, den einfachsten Weg zu nehmen, sondern den individuell beziehungsweise projektspezifisch besten. Bei solch speziellen Vorhaben sollten stets die jeweiligen Rahmenbedingungen genau geprüft werden, denn nicht in jedem Fall ist so ein Vorhaben sinnvoll in die Tat umzusetzen.


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